Festredner auf der Veranstaltung waren Bundesratspräsidentin Manuela Schwesig und ihr französischer Amtskollege, Senatspräsident Gérard Larcher. Beide erinnerten an die Gründung des Bundesrates als eine Antwort auf Willkür und Gewalt im nationalsozialistischen Deutschland. Sie unterstrichen die besondere Rolle der Bundesländer bei Aufbau und Entwicklung von Demokratie und Freiheit in der Bundesrepublik von 1949 bis heute.
Mitschnitt des Festaktes
Deutsche Demokratie eine Erfolgsgeschichte
Für Bundesratspräsidentin Manuela Schwesig gibt es allen Grund, mit Stolz auf diese 75 Jahre zu blicken. "Die deutsche Demokratie ist eine Erfolgsgeschichte. Deutschland ist ein friedliches Land, eingebunden in internationale Organisationen. Ein Rechtsstaat, in dem die Menschenrechte gelten. Ein wirtschaftlich erfolgreiches Land, in dem trotz aller aktuellen Probleme und sozialen Unterschiede die meisten Bürgerinnen und Bürger einen beachtlichen Wohlstand erreicht haben", erklärte die Bundesratspräsidentin. Dazu trage der Bundesrat ganz wesentlich bei.

Festansprache der Präsidentin des Bundesrates Manuela Schwesig
© Bundesrat | Florian Trettenbach
Hochauflösendes Bild (jpeg, 594KB)Das Verfassungsorgan stehe für die regionale Vielfalt in Deutschland. "Gleichzeitig tragen wir eine gemeinsame Verantwortung für das ganze Land", betonte Schwesig. "Die starke Stellung der Länder im Bundesrat stellt sicher, dass möglichst viele mitwirken können. Und wenn viele eingebunden sind in die Entscheidungsfindung, dann tut das der Stabilität des Ganzen ebenso gut wie der Qualität der Entscheidungen. Im Bundesrat kommen Sachverstand und Erfahrungen von der Ostseeküste bis zu den Alpen zusammen."
Die Bundesratspräsidentin rief dazu auf, sich gerade in schwierigen Zeiten für die Demokratie einzusetzen. "Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit. Wir müssen sie schützen und verteidigen. Wir müssen sie erklären und manchmal auch verändern. Aber die Fundamente sind gut. Und dazu gehört der Bundesrat."
Gemeinsame Herausforderungen in Europa

Präsident des französischen Senats Gérard Larcher
© Bundesrat | Florian Trettenbach
Hochauflösendes Bild (jpeg, 688KB)Der Präsident des französischen Senats Gérard Larcher verwies in seiner Rede auf die starken deutsch-französischen Beziehungen und die gemeinsamen Herausforderungen, denen sich beide Länder und ganz Europa derzeit stellen müssten: Islamismus, Antisemitismus und Populismus. Emotional betonte er die Stärke der Demokratie - diese sei tolerant, aber wehrhaft, entschlossen, aber gerecht. Föderale und kommunale Gebietskörperschaften seien in Frankreich wie in Deutschland weniger vom Vertrauensverlust in den Bundes- oder Zentralstaat betroffen, wenn auch die Nachwirkungen von Wahlen manchmal brutal seien.
"Sehen wir diesen Ergebnissen ins Auge, aber bleiben wir dem treu, was das Wesen des Föderalismus, der Dezentralisierung und des Zweikammersystems ausmacht: der Kultur des Kompromisses, der Nähe zu den Bürgern, dem Pragmatismus vor der Ideologie, der Ethik der Verantwortung vor Vorurteil oder Leidenschaft!", mahnte der Senatspräsident.
Feier an historischer Stätte
Seit seiner Gründung bis zum August 2000 kam der Bundesrat in Bonn zusammen. 752 der bis heute 1046 Plenarsitzungen der Länderkammer fanden dort statt. So betonte auch der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst in seinem Grußwort die Bedeutung der Stadt am Rhein - erst als Tagungsort des Parlamentarischen Rates, dann als Bundeshauptstadt und auch heute noch als Bundesstadt und UN-Standort.
Bonn habe durch seine Bodenständigkeit und Unaufgeregtheit der jungen Demokratie einen klaren Kompass gegeben. "Dieser Geist macht den Bundesrat bis heute aus: Kompromiss, nicht Konfrontation. Konstruktive politische Arbeit, nicht rhetorische Lautstärke, sowohl unter den Ländern, als auch mit dem Bund", fasste Wüst die Arbeitsweise der Länderkammer zusammen. In einer Zeit, in der Polarisierung und Schwarz-Weiß-Denken zunähmen, sei der Bundesrat dazu die wohltuende Ausnahme.
Gäste aus ganz Deutschland

Blick in den Bonner Plenarsaal
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Hochauflösendes Bild (jpeg, 610KB)Die Feierstunde im ehemaligen Plenarsaal fand in Anwesenheit von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier statt. Neben Senatspräsident Larcher gehörten auch weitere Mitglieder des französischen Senats sowie der Vorsitzende der Ersten Kammer des niederländischen Parlaments, Jan Anthonie Bruijn, zu den Ehrengästen.
Die Länder waren nicht allein durch Mitglieder des Bundesrats vertreten: Jedes Bundesland brachte zudem Bürgerinnen und Bürger, die sich in Kultur, Politik, Sport oder Gesellschaft verdient gemacht haben, mit nach Bonn.
Klassik und Poetry Slam
Musikalisch begleitete die Veranstaltung das Streichquartett der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen, das die Feierlichkeiten mit einem Werk des berühmtesten Sohnes der Stadt Bonn, Ludwig van Beethoven, eröffnete und später Stücke von Fanny Mendelssohn sowie des Turtle Island String Quartetts spielte. Für künstlerische Akzente ganz anderer Art sorgten die Poetry Slammer Anne Kalkbrenner und Aylin Celik aus Mecklenburg-Vorpommern.
Lebendiger historischer Ort
Auch wenn der Bundesrat inzwischen in Berlin zu Hause ist, bleibt das Plenargebäude am Rhein dennoch ein lebendiger historischer Ort. Dies zeigte sich auch im Mai 2024, als beim großen Demokratiefest zum 75. Jahrestages der Verkündung des Grundgesetzes tausende Bonner den Plenarsaal besichtigten und im ehemaligen Regierungsviertel feierten. Doch auch außerhalb solcher Großereignisse ist ein Besuch des Plenarsaals möglich: Das Haus der Geschichte bietet regelmäßig Führungen an.