In Deutschland herrscht ein gravierender Mangel an Spenderorganen. Schätzungen zufolge sterben jeden Tag drei Menschen, weil sie nicht rechtzeitig eine Organspende erhalten. Über 12.000 Patienten warten derzeit auf ein Herz, eine Lunge oder ein anderes Organ, das ihnen das Leben rettet. Dabei ist die Bereitschaft der Deutschen zur Organentnahme relativ hoch. Nach einer Umfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzGA) sind über 74 Prozent dazu bereit, doch nur rund 25 Prozent von ihnen füllen ihren Organspendeausweis aus und bekennen sich damit zu ihrer Entscheidung.
Eine kürzlich vom Bundestag fraktionsübergreifend beschlossene Reform des Transplantationsgesetzes soll die Auseinandersetzung mit dem Thema anregen und die Zahl der Organspender erhöhen. Das Gesetzespaket liegt nun dem Bundesrat vor, der darüber zu entscheiden hat, ob er es passieren lässt oder den Vermittlungsausschuss anruft.
Jeder soll Entscheidung treffen
Im Mittelpunkt der Neuregelung steht die Umsetzung der sogenannten Entscheidungslösung (Drs.--Drucksache 322/12(neu)).

Neues Organspendegesetz zwingt zum Nachdenken
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Danach erhält jeder Bürger über 16 Jahre von seiner Krankenversicherung ausführliche Informationen über die Möglichkeiten zur Organspende und wird aufgefordert, einen beiliegenden Organspendeausweis auszufüllen. Eine Pflicht sich zu entscheiden, ist nicht vorgesehen.
Informieren sollen nicht nur die gesetzlichen, sondern auch die privaten Krankenkassen. Behörden sind bei der Ausgabe von Pässen, Personalausweisen und Führerscheinen ebenfalls angewiesen, Aufklärungsunterlagen auszuhändigen.
Derzeit gilt in Deutschland bei der Organspende eine Zustimmungslösung. Wer seine Organe spenden möchte, muss dem schon zu Lebzeiten zugestimmt haben, aber auch Angehörige können nach dem Hirntod der Patienten über die Entnahme von Organen oder Gewebe entscheiden. Dies soll auch in Zukunft weiter möglich sein. Allerdings wird es für die potenziellen Spender durch die alle zwei Jahre vorgesehenen Befragungen leichter, die Spendenbereitschaft zu erklären.
Wie bisher kann man auch künftig durch einen Eintrag auf dem Organspendeausweis festlegen, ob alle, einzelne oder nur bestimmte Organe entnommen werden dürfen. Ebenfalls kann eine Spende grundsätzlich ausgeschlossen oder die Entscheidung anderen Personen des Vertrauens übertragen werden. In einer zweiten Stufe sieht das Gesetz vor, die Spendenerklärung auch auf die elektronische Gesundheitskarte zu übernehmen.
Verbesserungen für Spender
Ein weiteres Ziel der Reform ist die Verpflichtung der rund 1400 Kliniken mit Intensivstation, einen Transplantationsbeauftragten zu installieren (Drs.--Drucksache 292/12). Dies geschieht vor dem Hintergrund, dass manche dieser Krankenhäuser kaum Spenderorgane zur Verfügung stellen, da Organentnahmen zusätzlichen Organisations- und Verwaltungsaufwand nach sich ziehen.

Neues Organspendegesetz zwingt zum Nachdenken
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Die Änderungen beim Transplantationsgesetz führen auch zu Verbesserungen für Menschen, die einem Angehörigen zu Lebzeiten ein Organ spenden. Sie haben Anspruch auf Krankenbehandlung, Vor- und Nachsorge, Rehabilitation und Krankengeld, die von der Krankenkasse des Empfängers übernommen werden müssen. Gleiches gilt für Lohnfortzahlungen der Spender und eventuelle Kosten durch Folgeerkrankungen. Damit enthält das Gesetz jetzt auch Regelungen, die der Bundesrat gegenüber dem ursprünglichen Regierungsentwurf im September 2011 angemahnt hatte.
Gesundheitsausschuss für Anrufung des Vermittlungsausschusses
Trotzdem empfiehlt der Gesundheitsausschuss dem Bundesrat, zu dem Gesetz am 15. Juni 2012 den Vermittlungsausschuss anzurufen. Grund dafür ist eine Regelung zur Ausgestaltung der Koordinierungsstellen der Deutschen Stiftung für Organtransplantation (DSO). Der Ausschuss fordert eine stärkere Regionalisierung, mit dem es diesen Stellen möglich ist, Budget- und Personalverantwortung zu übernehmen. Für die Anrufung des Vermittlungsausschusses bedarf es im Bundesrat mindestens 35 der insgesamt 69 Stimmen. Folgt das Plenum der Empfehlung des Gesundheitsausschusses nicht, hat der Bundesrat - da es sich um Einspruchsgesetze handelt - die Reform automatisch gebilligt.